
Es war einmal ein Führungszeugnis
Deutschland gilt ja als die Hochburg der Bürokratie. Wir sind Paragraphenwälzer und machen aus jeder Mücke einen Elefanten. Die Kanadier sind uns wohl recht ähnlich.
Für meinen Job brauche ich ein kanadisches Führungszeugnis. Beantragen tut man das in einer Polizeistation. Also hat die Organisation hier (SWAP) mich zu einer Polizeistation geschickt. Dort angekommen musste ich erst mal warten und dann einige Sachen vorzeigen. Zwei Ausweise (das ist der Standard in Kanada), und einen Nachweis, dass ich in Kanada wohne. Den Nachweis hatte ich natürlich nicht, schließlich besitze ich keinen festen Wohnsitz in Kanada. Mein Hostel gilt aber als Wohnsitz. Wer also eine Rechnung des Hostels hat, kann diese verwenden. Leider standen bei mir nie das Hostel und mein Name auf den Rechnungen. Jeder Tourist kann also den Nachweis erbringen, nur ich nicht.
Dann ging es erst mal in die Stadt um noch ein paar Sachen zu besorgen. Der Weg zwischen Hostel und Polizeistation ist nämlich leider recht lang. Zurück im Hostel habe ich mir dann eine Rechnung mit meinem Namen und der Adresse vom Hostel ausstellen lassen. Ganz wichtig war natürlich auch das Datum.
Am nächsten Tag ging es dann wieder zur Polizei. Dieses Mal klappte alles und ich musste erst mal drei Seiten rechtlichen Kram ausfüllen. Auf Englisch war das gar nicht mal so einfach, weil man die Wörter nicht alle kennt. Und im Anschluss gab es dann das große Problem: Das Führungszeugnis muss direkt zu meinem Arbeitgeber gesendet werden, weil ich ja bald nicht mehr in Vancouver bin und es abholen kann. Rechtlich gesehen darf die Polizei das aber nicht machen. Also gab es einen riesigen Aufstand. Ich habe bei SWAP angerufen, wo natürlich niemand drangegangen ist und mein Mitreisender hat beim Arbeitgeber angerufen. Zuerst wollte ich die Führungszeugnisse zur Organisation senden und dann digital nachschicken lassen – nur ohne Absprache mit der Organisation ging das nicht. Einfach die Adresse des Arbeitgebers drauf schreiben, geht auch nicht, weil die Polizei weiß, dass sie von ihm ist. Also wurde weiter diskutiert bis ich schließlich die geniale Idee hatte:
Ich sage einfach, die Adresse meines Arbeitgebers ist meine zukünftige Postadresse, wenn ich im Park arbeite. Und siehe da auf einmal ging es. Wegen einer Formulierung habe ich Stunden bei der Polizei verbracht…
Also falls mal irgendwer ein kanadisches Führungszeugnis braucht:
1. Mach es online! Das soll viel leichter funktionieren.
2. Falls du doch in die Polizeistation gehst, bring einen Nachweis deines Wohnortes mit.
3. Biege die Wahrheit ein bisschen zurecht.